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Heute ist der 16.01.2010:

Telefonat mit Sr. Mc um 6.30 Uhr:
Die Nacht war gut.

Telefonat mit Sr. Mc um 9 Uhr:
Die Ärzte sind noch im großen Zimmer* nebenan. Danach werden sie noch frühstücken und wenn dann kein Notfall reinkommt, wird es wohl losgehen.
Ich habe gute Bedingungen für die Extubation geschaffen und sogar mal ein bißchen selber gehustet, so daß man lockeres Sekret absaugen konnte.

Das klingt ja mal vielversprechend ! Denn das die Extubation klappt, daran haben meine Eltern keinen Zweifel. Sie fragen sich eher, wie gut und wie lange ich es danach alleine schaffe !?
So liebe Docs ! Noch ein lecker Brötchen essen und einen Kaffee trinken und dann gehts frisch gestärkt ohne Hungerast, Unterzuckerung oder Kaffee-Entzug ans Werk !

Good Luck !

*Anmerkung:
Das große Zimmer, also der Frühchenraum, in dem ich im Sommer 2008 lag, wurde gestern von Sr. R als "Daddelhalle" bezeichnet. Die ganze Zeit piept irgendwo ein Monitor und sie wartet schon seit Jahren drauf, das einer der Spielautomaten mal eine Ausschüttung hat. Mutti hat sich darüber totgelacht.

Das kommt vielleicht einigen etwas makaber vor, aber das Leben ist zu wichtig, um es ernst zu nehmen. Man muß so mit sich umgehen, daß man das Spielerische nicht vergißt und daß man auch von innen heraus lachen kann... (sagt Herr Hirschhausen).

Und:
Humor entspannt und ist Lebenshilfe. Wer über sein eigenes Schicksal lachen kann, erhebt sich über sein Los. Selbst in extremen Situationen hilft der Trick, sagt der Psychologe Ruch. Er hat über Studien mit US-Soldaten berichtet, die im Korea-Krieg gefoltert wurden. "Je humorvoller die Leute ihre Lage sahen, desto geringer war der seelische Schaden, den sie davontrugen."

Lachend

Telefon mit Dr. U um 11.10 Uhr:
Die Vorbereitung laufen. Geht bald los. Die Bedingungen (= das bin ich !) sind dieses Mal besser als beim letzten Versuch.

 


 

Um 11.30 Uhr wurde ich erfolgreich extubiert.
Als meine Eltern um 12.30 Uhr kamen (perfektes Timing !) lag ich mit meiner CPAP-Maske im Bett.

Die Ausgangssituation für die 3. Extubation war die bislang beste. Bei der letzten Extubation hatte ich vorher einen Sauerstoffbedarf von 50 % und danach von 80 %. Dieses Mal benötige ich 30 % - vorher und hinterher !
Das Röntgenbild von gestern nachmittag war gut. Die Lunge sah gut aus.
Es ließ sich vor der Extubation kaum Sekret absaugen.

Dr. U war erstmal sehr zufrieden, warnte aber auch:
Es ist eine Gratwanderung zwischen wach werden und dem Entzug. Die Sedierung muß raus, damit ich vor allem auch husten kann und nicht so gedämpft bin. Andererseits benötige ich Mittel gegen den Entzug, damit ich nicht durchdrehe.
Daher kann die Situation jederzeit wieder umschlagen. Es gibt auch keine Regeln, so nach dem Motto: mit jeder Stunde und jedem Tag, die/den ich gut schaffe, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer einer Reintubation.
Und das aller aller Wichtigste: ich muß husten !!!
Wenn ich es nicht schaffe, das Sekret hochzuhusten, so daß man es aus dem rachenraum absaugen kann oder ich es runterschlucke, dann siehts übel aus !

Eine 4. Intubation wäre eine Katastrophe und es würde auch nichts bringen, mich weiter beatmet zu lassen. Davon abgesehen, würde mein Körper das gar nicht durchstehen -> dann würde Plan B greifen. Plan C, D und ff gibt es nicht.
Das vergessen wir jetzt aber alles ganz schnell und machen uns da keine Gedanken drüber. DAS klappt nämlich dieses Mal. BASTA !

Der Nachmittag wurde dann recht abenteuerlich. Ich funktionierte ganz gut, aber alle Maschinen um mich rum gaben so langsam den Geist auf:
"Evita" zeigte nur noch Blödsinn an, so daß sie irgendwann ausgetauscht werden mußte.

Hier seht ihr meine neue "Evita". Mutti hat dazu immer munter "Don`t cry for me Argentina" gesungen.
Als nächstes war mein Bett patschnaß. Es ließ sich nicht herausfinden, wo das herkam. Also ich bin nicht undicht. Alle Schläuche und Hähne waren trocken. Komisch !
Das Inhalationsgerät vernebelte nicht mehr. Also gab es ein neues Gerät.
Und zu guter Letzt wollte der Infusomat mit der Dauerinfusion nicht mehr.

Sr. G war fix und fertig. Unheimliche Dinge gehen in diesem Zimmer vor !

Nur das Notfallset für eine Reintubation lag still als Warnung bereit. So soll es da auch schön liegen bleiben !

Mutti wertet diese technischen Pannen als gutes Omen - Das ist ein Zeichen ! - Alles wird gut !
Gestern nachmittag war sie ganz traurig, weil mein alter Kinderwagen, mit dem wir im Herbst 2008 immer spazieren gegangen sind, kaputt im Gang stand mit einem Zettel drauf: "Bitte entsorgen !" Der Wagen war so hübsch und sie hätte ihn schon letztes Jahr am liebsten dem Krankenhaus abgekauft.
Das ist aber auch ein Zeichen. Alles Schnee von gestern, wir gucken jetzt nach vorne. Nicht den alten Dingen hinterhertrauern, sondern ein Neuanfang steht ins Haus. So !

Sr. G hat mich dann abends auf den Bauch gedreht. Das war gar nicht so einfach mit der Maske und einem Tropf im Knie. Hat mir aber gut gefallen und ich habe ganz zufrieden und entspannt auf dem Bauch geschlafen.
Und beim Absaugen habe ich einmal ordentlich gehustet ! Danach kam ordentlich blutiges (von der Extubation) Sekret hoch und meine Sättigung wurde schlagartig besser.

Mutti hat mir die tollsten Versprechungen gemacht, wenn ich weiter huste:
- wir fahren mit Lukas an den Strand, gucken beim Beachvolleyball zu und essen Eis.
- ich darf mir ein schickes Bobbycar aussuchen... einen Beetle, einen Audi und wenn ich richtig viel huste, darf es auch ein Mercedes sein !
Und zur Krönung verzichtet Mutti auf Flüsterreifen - Krach darf es machen - Hauptsache ich huste !!!

Sie hat dann auch den Nachtdienst instruiert, sie sollen ein ernstes Wörtchen mit mir reden. Dr. A bekam daraufhin sein verschmitztes Grinsen und meinte, ihm fallen da noch ein paar kreative Versprechungen ein....

Um 19.30 und 20 Uhr gab es jeweils eine Miniportion "Hallo wach !", nämlich Narcanti, ein Opiat-Antagonist:

ANTAGONIST:
Antagonist (griech. ανταγωνιστής, antagonistís, von αντι, anti, „gegen“ und άγω, ágo, „ich handle, bewege, führe“: „der Gegenhandelnde“, „der Gegenspieler“) bezeichnet:
• im allgemeinen einen Widersacher oder Gegner
• Antagonist (Literatur), der Gegenspieler zum Protagonisten
• Antagonist (Muskel), ein Muskel, der gedehnt wird, wenn der Agonist eine Bewegung oder Haltearbeit verrichtet
• Antagonist (Ökologie), eine lebensbedrohliche Störgröße oder einen Feind
• Antagonist (Pharmakologie), eine Substanz, die einen Agonisten in seiner Wirkung hemmt, ohne selbst einen Effekt auszulösen
• Antagonist (Zahnmedizin), ein einem bestimmten Zahn gegenüberliegender Zahn

OPIATANTAGONISTEN:
Opiatantagonisten sind Gegenmittel, die die Opiate von den Wirkorten im Gehirn verdrängen (zum Beispiel "Narcanti®").

NARCANTI®
wird zur völligen oder teilweisen Aufhebung opioidinduzierter zentralnervöser Dämpfungszustände eingesetzt, insbesondere bei der Atemdepression, die durch Opioide wie natürliche und synthetische Narkotika, Fentanyl, Dextropropoxyphen, Methadon sowie bestimmte Agonist-Antagonist-Analgetika wie Pentazocin, Butorphanol und Nalbuphin verursacht werden.

Damit sollte das Trainingsprogramm für heute auch gut sein.

Telefonat mit Sr. W um 22.45 Uhr:
Der Tropf am Knie ist kaputt. Das war ja abzusehen. Ich bekomme demnächst einen neuen und wurde dafür schon mal zurück auf den Rücken gedreht. Da ich ordentlich Sekret hatte, wurde ich abgesaugt und habe beim Absaugen gehustet. Sehr gut. Sr. W hat gut zähes, gelbes Sekret absaugen können.
Weiter so !!!

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